Kürzlich beschloss ich, die Nachbarschaft näher zu erkunden. Zwei Events fielen mir ins Auge: Singen und Schüttelmeditation! Was ich dabei erlebte.

Das war nicht nur ein Blick, sondern ein Hopser über den Tellerand meiner gewohnten Achtsamkeitspraxis hinaus. Direkt hinein in die bewegte Meditation nach Osho und den meditativen Gesang aus der Tradition des Bhakti-Yoga. Für beides keine Vorkenntnisse und auch keine spirituelle Motivation erforderlich. Dennoch traf ich in beiden Sessions unter anderen auf Sanyassins, also Anhänger*innen Oshos, und dementsprechend hingebungsvolle Anleitung und Teilnahme.

Die Veranstaltung fand im Freiraum des Sterntal Rheinstraße statt. Der Sterntal e.V. ist seit über 25 Jahren in der Betreuung von Menschen mit Behinderungen tätig. Durch den Umbau dreier ehemaliger Läden wurde das Café Sterntal, der Freiraum, ein Raum für Besinnlichkeit und Meditation, sowie die Galerie ein Versammlungsort für Kultur- und Freizeitveranstaltungen, in Berlin-Friedenau gegründet.

Schüttelmeditation nach Osho

Empfangen wurde ich offen und herzlich von den beiden Kursleitenden Avahan Lipski und Gopal. Im freundlich-hellen Raum mit großzügigem Buddha-Bildnis an der Wand waren Yoga-Matten und Sitzkissen schon verteilt. Da alle mit dem Verlauf der Schüttelmeditation vertraut waren, spielte Gopal nach wenigen einleitenden Worten die Musik der ersten Meditationsphase über Lautsprecher ein.

Die Kundalini-Meditation hat immer denselben Ablauf und dauert insgesamt eine Stunde. Sie besteht aus vier Phasen: 15 Minuten Schütteln, 15 Minuten Tanzen, 15 Minuten Sitzmeditation und 15 Minuten Liegen. Simple as that.

So findet sich ein toller Übergang vom Aktiv- zum Passiv-Sein: Ankommen am Abend aus dem lärmigen Alltag, das Abschütteln all dessen, was sich im Außen angesammelt hat, den eigenen Ausdruck wiederfinden im Tanz und dann immer mehr zur Ruhe kommen im Sitzen mit Musik und zuletzt im stillen Liegen.

Ziel ist, das eigene Ego zu überwinden, die Konditionierung loszulassen und so zu Ruhe und Stille zu finden. Die Meditationstechnik wird auch in Psychotherapien eingesetzt. Wenn du dich noch nie längere Zeit am Stück ausgeschüttelt hast: Empfehlenswert! Das Schütteln löst Verspannungen, steigert die Herzfrequenz und regt die Durchblutung an. Beim Tanzen kommt dann dein Selbstausdruck dazu. Alles mit geschlossenen Augen, wenn für dich okay, und ohne Bewertung.

So der Plan. Ich selbst praktizierte die Schüttelmeditation zum ersten Mal im Kreis einer Gruppe. Apropos Konditionierung! Obwohl ich in der Mindful-Movement-Praxis (also bei der Meditation in Bewegung) das bewertende Vergleichen meiner Bewegungen mit denen der anderen schon erfolgreich verlernt habe, blinzelte ich hier zumindest beim Tanzen ein wenig zu den anderen Teilnehmenden rüber. Schon allein, um nicht mit einer der beiden Säulen im Raum zu kollidieren. Aber auch, um die anderen Tänzer*innen abzuchecken – extensive Bewegungsexplosionen erlaubt? Check. Die Dimension des Raumes ertanzen erlaubt? Check. Eigenwilliger Selbstausdruck mit Ecken und Kanten erlaubt? Check. Also: beruhigt weiter auf und ab wie ein elektrisierter Kakadu durch die Gegend stampfen und hüpfen.

Als Ergänzung zu den sonst von mir praktizierten Achtsamkeitsmeditationen fand ich besonders das Schütteln spannend: Dieses darf sich aus dem Inneren heraus langsam entfalten. Dabei konnte ich sehr wohl beobachten, wann „es“ mich schüttelte und wann andersherum „ich“ meinen Körper schüttelte. Immer, wenn ich geschüttelt wurde bzw. eins mit dem Schütteln war, hatte ich alles Anhaften an Gedanken und Alltag losgelassen. Ich war ganz aufgelöst im Fluss des Hier und Jetzt. Sobald ich aber unwillkürlich immer mal wieder selbst das Schütteln übernahm und kontrollierte, war ich innerlich fixiert und mein fixer Kern zerhakte mit den Gliedmaßen im Stakkato die Luft wie gegen einen Widerstand – so fühlte es sich zumindest an.

Anders als bei der Sitzmeditation konnte ich diesen veränderten Zustand schneller bemerken und entsprechend wieder lockerer lassen, da der Körper als Seismograph mir durch die Heftigkeit der Bewegung sofort entsprechende Signale schickte. In der Sitzmeditation aber fällt das Anhaften an Gedanken nicht so zügig auf, da die Signale des Körpers in der verharrenden Position feiner sind – sodass ich mich dabei im „Film verlieren“ kann und das Gegenwärtige unter diesen Umständen verpasse, wenn ich nicht sehr geübt und konzentriert bin.

Im Anschluss an die Veranstaltung ging es dann noch auf einen duftigen Pfefferminztee mit Ingwer ins nahegelegene „Lula“ am Breslauer Platz. Dort lernte ich die Sanyassins ein wenig näher kennen und Avahan erzählte von der „Mystic Rose“ – einer weiteren typischen Osho-Meditation, bei der er drei Wochen lang jeden Tag gelacht oder geweint hatte, bis es sich ausgelacht und geweint hatte, womit dann zuletzt in Stille verweilt werden konnte.

Bei mir hatte es sich dann an dem Abend auch ausgeschüttelt und ich ging still und beseelt nach Hause.

Schon am übernächsten Tag kehrte ich in den Sterntaler Freiraum zurück, um zum ersten Mal an einem Mantrasingen teilzunehmen – mehr dazu im nächsten Blogbeitrag.

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